Radiofeatures zum Terror von Rechts

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Der Terror des NSU ist keine Ausnahmeerscheinung in der Geschichte der Bundesrepublik, sondern steht in einer Tradition. Doch anders als die Taten der RAF ist diese Terrorgeschichte nie ins allgemeine gesellschaftliche Gedächtnis vorgedrungen und daher auch kaum referenzierbar - weder im Alltag, noch in den Behörden, in den Medien oder bei der Polizei.

Was das bedeutet: Bei jeder Tat immer wieder neues Erstaunen darüber, die Rede vom historischen Einschnitt, von einer Zäsur - "nicht für möglich gehalten". Wer so spricht, betreibt aktive Verdrängungsarbeit, kaschiert die Kontinuität des rechtsextremen Terrors und rückt dessen Opfer und Überlebende in die Unsichtbarkeit. "Wir haben ja von nichts gewusst", diesen Satz hört man im Hinblick auf deutsche Geschichte zu oft. Für eine Haltung, die sich dadurch auszeichnet, nichts wissen zu wollen und auch andere am besten nichts wissen zu lassen, ist er naheliegend.

(Bild: Muenih, Wikipedia/gemeinfrei)

Aber: Es ändert sich etwas. Zumindest in Ansätzen. Der 40. Jahrestag des rechtsextremen Anschlags aufs Oktoberfest im Jahr 1980 etwa bietet Anlass zur Rückschau. Bei dem Anschlag starben Gabriele Deutsch, Robert Gmeinwieser, Axel Hirsch, Markus Hölzl, Paul Lux, Franz Schiele, Ignaz Platzer, Ilona Platzer, Angela Schüttrigkeit, Errol Vere-Hodges, Ernst Vestner und Beate Werner. Der Attentäter selbst kam ebenfalls ums Leben.

Philipp Schnee hat für den SWR ein fantastisches einstündiges Radiofeature recherchiert und geschrieben, das die Umstände des Anschlags, seine Vorgeschichte in der Wehrsportgruppe Hoffmann und seine folgende Verdeckung - es herrschte Wahlkampf, Franz-Josef Strauß mühte sich zunächst händeringend, den Anschlag dem FDP-Innenminister Gerhart Baum als Makel anzuhängen - einsortiert. "Erinnerungslücke 1980" hat Schnee sein Feature genannt - nicht zuletzt, weil das Jahr 1980 schließlich auch mit dem tödlichen Attentat auf den Verleger Shlomo Lewin und seiner Lebensgefährtin Frida Poeschke einen Höhepunkt in der Geschichte des rechten Terrors darstellt.(mp3)



Bereits 2018 hatte Schnee für Dlf Kultur ein halbstündiges Feature zur Geschichte des deutschen Rechtsterrorismus geschrieben. (mp3)



Anna Bühler fokussiert für den Bayerischen Rundfunk in einem Feature auf den Münchner Anschlag vor 40 Jahren. Schnees und Bühlers Features ergänzen sich gut und schaffen ein detailiertes Gesamtbild. (mp3)



Flankierend sehenswert ist auch ein Panorama-Beitrag von Birgit Wärnke und Julian Feldmann, der sich mit der Geschichte der rechten Szene und Gewaltexzesse im Osten des Landes beschäftigt. Eine Empfehlung mit Einschränkungen allerdings: Auch 2020 erschließt sich mir weiterhin nicht, warum man aktiven Neonazis minutenlang Mikrofon, Sendezeit und damit (auch hier weidlich gockelhaft genutzte) Möglichkeiten zur Selbstinszenierung überlassen müsste. Es zeigt sich einmal mehr: Der Erkenntnisgewinn dieser Medienstrategie ist schmal und übersteigt nichts, was nicht auch durch genuine journalistische Arbeit zu leisten gewesen wäre.

Sehenswert ist der Film aber insofern, da er nochmal eindrucksvoll ein bis heute gängiges Narrativ widerlegt: Der Rechtsextremismus im Osten sei ja lediglich ein Import westlicher Kader und eine Folge deren Propagandaarbeit gewesen, die den Wendefrust der wirtschaftlich Abgehängten einfach nur aufbereiten, "unsere Jungs" also lediglich verführen musste. Ganz im Gegenteil ist richtig: Es gab bereits vor dem Ende der DDR eine von der Obrigkeit vertuschte, mehrere tausend Mann starke und gewaltbereite Neonazi-Szene - ein Geschenk, das der westdeutsche Rechtsextremismus mit seinen Organisationserfahrungen nur noch aufheben musste.


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